10 Tage, 16 Veranstaltungen, 63 Mitwirkende und ein Ziel: „Das jüdische Berlin“ in möglichst vielen Facetten nach München zu holen.
So konnten die Veranstalter der 24. Jüdischen Kulturtage München mit Karsten Troyke ein echtes „Berliner Urgestein“ gewinnen, das die Black Box des Gasteigs mit einem Programm aus humorvollem und zu Herzen gehenden jiddischen Liedgut schnell in sein eigenes kleines Berliner Wohnzimmer verwandelte. Ihm folgte am Montag, den 22.11. das Jüdische Theater Berlin BIMAH, das sein Publikum auf eine Reise in das Berlin der Vorkriegszeit mitnahm. In ihren Rollen als Friedrich Hollaender, Kurt Tucholsky, Else Lasker-Schüler, Erich Kästner und Lotte Lenya machten die Schauspieler greifbar, wie das Leben berühmter Persönlichkeiten der Literaturgeschichte – jüdischer und nicht-jüdischer Herkunft – ausgesehen haben muss und verdeutlichten auch sehr anschaulich, die durchaus konträren Meinungen zu Themen wie Emigration und Widerstand. Mit „Brian Bender and Little Shop Of Horas“ konnte das Publikum eine Mischung aus Klezmer, Jazz und Swing erleben, vorgetragen von acht Instrumentalisten, die ihr Handwerkszeug wirklich verstehen. An Klarinette und Bass-Klarinette überzeugte der Berliner Christian Dawid, der laut Band-Kollege Thilo Jörgl „schon an jeder Steckdose Berlins gespielt hat“.
Über die jüdische Vergangenheit und Gegenwart sowie die Zukunftsperspektiven der Stadt referierten zahlreiche namhafte Persönlichkeiten aus dem jüdischen Milieu Berlins. So konnte die Gesellschaft zur Förderung jüdischer Kultur u.a. Prof. Dr. Julius Schoeps, Gründungsdirektor des Moses Mendelssohn Zentrums, Dr. Hermann Simon, Direktor des Centrum Judaicum und Künstlerischer Leiter der Jüdischen Kulturtage Berlin und Prof. Dr. Andreas Nachama, Geschäftsführender Direktor der Stiftung Topographie des Terrors und Rabbiner der Synagoge Hüttenweg als Referenten und zuweilen auch Zeitzeugen gewinnen. Bei der Podiumsdiskussion zum Thema „Jüdisches Leben in Berlin heute“, bei der außer Hermann Simon und Andreas Nachama noch die Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Berlin Lala Süsskind, der Münchner Rabbiner Tom Kucera sowie die Ethnologin Alina Gromova ihre Standpunkte vertraten, entwickelte sich eine angeregter Meinungsaustausch über das jüdische Gemeindeleben mit seinen Möglichkeiten und Grenzen für die unterschiedlichsten Interessengruppen der jüdischen Gemeinschaft Berlins.
Ein weiteres Highlight des Festivals war die Multimedia-Performance von einer der, wie sich während der Veranstaltung zunehmend herausstellte, schillerndsten Persönlichkeiten des jüdischen Berlins: Jalda Rebling. Anhand zahlreicher Bilder, Zeitungsausschnitte und Lieder, die sie in ihrem Leben begleitet haben, erzählte sie ihre Geschichte, begonnen bei ihren jüdischen Wurzeln bis hin zu ihrem heutigen Leben als ordinierte jüdische Kantorin.
Jenseits Berlins wahrten die Jüdischen Kulturtage München aber auch in ihrem 24. Jahr ihren grundlegend internationalen Charakter und luden die Maxwell Street Klezmer Band aus Chicago zum Eröffnungskonzert in den Carl-Orff-Saal ein. Dort brillierte die sechsköpfige Band als großartige Instrumentalgruppe, die ihr Programm mit größter Spielfreude vortrug.
Summa summarum möchten wir uns bei allen Mitwirkenden für ihre bereichernden künstlerischen und kulturellen Beiträge bedanken sowie bei unseren Sponsoren: der Bayerischen Staatsregierung, der Landeshauptstadt München und der Friedrich-Ebert-Stiftung!
Sa. 20.11. 20.00 Uhr
Carl-Orff-Saal | Gasteig
Maxwell Street Klezmer Band, Chicago
Eröffnungskonzert
So. 21.11. 11.30 Uhr
Vortragssaal Bibliothek | Gasteig
Ernst Lubitsch in Berlin – Von der Schönhauser Allee nach Hollywood
Dokumentarfilm von Robert Fischer
So. 21.11. 17.00 Uhr
Black Box | Gasteig
Gab es eine deutsch-jüdische Symbiose?
Berlins Juden im 19. und frühen 20. Jahrhundert
Vortrag Prof. Dr. Julius Schoeps
So. 21.11. 20.00 Uhr
Black Box | Gasteig
Karsten Troyke und Trio Scho, Berlin
Yiddish Tango, Russian Swing und Songs aus Berlin von gestern bis heute
Mo., 22.11. 20.00 Uhr
Black Box | Gasteig
Jüdisches Theater BIMAH, Berlin
Eine unglaubliche Begegnung mit Friedrich Hollaender, Mascha Kaléko,
Kurt Tucholsky und Zeitgenossen
Di. 23.11. 20.00 Uhr
Black Box | Gasteig
Brian Bender and Little Shop of Horas
Klezmer von Boston bis Berlin
Mi. 24.11. 18.00 Uhr
Black Box | Gasteig
Berlins Juden im Nationalsozialismus
Vortrag Dr. Hermann Simon
Mi. 24.11. 20.00 Uhr
Black Box | Gasteig
Russischsprachige Juden in Berlin
Jüdische Identität und urbane Vielfalt
Vortrag Alina Gromova
Do. 25.11. 18.00 Uhr
Black Box | Gasteig
Aufbau nach dem Untergang
Die jüdische Gemeinde Berlin von 1945 bis heute
Vortrag Professor Dr. Andreas Nachama
Do. 25.11. 20.00 Uhr
Black Box | Gasteig
Jüdisches Leben in Berlin heute
Podiumsdiskussion mit Lala Süsskind, Andreas Nachama, Hermann Simon, Alina Gromova u. Tom Kučera
Moderation Olga Mannheimer
Sa. 27.11. 20.00 Uhr
Carl-Orff-Saal | Gasteig
Jubiläumskonzert 200 Jahre Synagogenorgel
Romantische Chormusik aus den Synagogen Europas
So. 28.11. 11.30 Uhr
Vortragssaal Bibliothek | Gasteig
Mittenmang und zwischendrin
Auf jüdischem Parkett
Dokumentarfilme zum jüdischen Berlin heute
So. 28.11. 16.00 Uhr
Vortragssaal Bibliothek | Gasteig
Rahel – Eine preußische Affäre
Dokumentarfilm von Catharina Deus, Gabriele Conrad und Ilja Haller
So. 28.11. 18.00 Uhr
Black Box | Gasteig
Der jüdische Friedhof Weißensee, Momente der Geschichte
Vortrag Britta Wauer
So. 28.11. 20.00 Uhr
Black Box | Gasteig
Jalda in Berlin
Kantorin Jalda Rebling erzählt aus ihrem Leben in Berlin
Di. 30.11. 19.00 Uhr
Jüdisches Museum München
Martha Liebermann oder das Ende der deutsch-jüdischen Symbiose
Vortrag Irène Alenfeld
Mi. 01.12. 16.00 Uhr
Jüdisches Museum München
Ausstellung „typisch! Klischees von Juden und Anderen“
Führung mit Jutta Fleckenstein