19. Jüdische Kulturtage München

Sepharad 2005

Sa 19.11. 19.00 Uhr, Gasteig, Carl-Orff-Saal Eröffnungskonzert Aman Aman, Valencia
Sephardische Lieder aus Orient und Okzident
So 20.11. 19.30 Uhr Gasteig, Carl-Orff-Saal Los Desterrados, London
Sephardic Flamenco Folk Music
Mo 21.11. 18.30 Uhr Gasteig, Kleiner Konzertsaal Juden in der islamischen Welt
Vortrag Dr. Eli Bar Chen
Mo 21.11. 20.00 Uhr Gasteig, Kleiner Konzertsaal Rote Tropfen streut der Mohn
Literarisch-musikalische Hommage an Theodor Kramer
Di 22.11. 18.30 Uhr Gasteig, Black Box Juden im Maghreb
Vortrag Dr. Eli Bar Chen
Di 22.11. 20.00 Uhr Gasteig, Black Box Sandra Bessis & Ensemble
Bodas – i otras kantigas
Sephardische Lieder aus dem Mittelmeerraum
Mi 23.11. 20.00 Uhr Gasteig, Black Box NIKITOV, Amsterdam
Yiddish Songs meet Gypsy Jazz
Do 24.11. 19.00 Uhr Seidlvilla Israelischer Tanzworkshop
Einführungskurs mit Matti Goldschmidt
Sa 26.11. 20.00 Uhr Gasteig, Carl-Orff-Saal Eyal Sela & Darma, Israel
The mysterious Dances of Mount Meron
So 27.11. 11.00 Uhr Gasteig, Vortragssaal der Bibliothek Filmmatinee: Israel Close Up
Deutsch-israelische Dokumentarkurzfilme
So 27.11. 19.30 Uhr Gasteig, Kleiner Konzertsaal Klezmer en Buenos Aires
Lerner & Moguilevski Duo mit neuem Programm
endlich wieder in München
Mo 28.11. 20.00 Uhr Allotria/Künstlerhaus am Lenbachplatz Echos aus Sepharad
Musik und Rezitation mit Andrea Giani u.a.
Di 29.11. 19.30 Uhr Instituto Cervantes José Guillermo Memo Ánjel: Das meschuggene Jahr
Lesung (Spanisch/Deutsch)

Veranstalter: Gesellschaft zur Förderung jüdischer Kultur und Tradition e.V., München

19. Jüdische Kulturtage München

19.-29. November 2005
Sepharad 2005

Das Jahr 1492 bescherte Spanien zwei Ereignisse, die von nachhaltiger Bedeutung für die Weltgeschichte wurden. Neben der Entdeckung Amerikas fand eine Jahrhunderte währende, friedliche Koexistenz dreier Kulturen ihr Ende als Folge der Eroberung des Königreichs Granada durch die Katholischen Könige und ihre Entscheidung, die Juden des Landes zu verweisen, falls sie nicht den katholischen Glauben annehmen wollten.

Es ist wohl bekannt, dass während einiger Jahrhunderte die damals weltweit wichtigste jüdische Ansiedlung in Sepharad, der Iberischen Halbinsel, eine Blütezeit hatte. Sie war beispielgebend für ihr Konzept der Selbstverwaltung, die Interpretation talmudischer Gesetze und andere wichtige Aspekte jüdischen Glaubens. Die jüdischen Gemeinden erfreuten sich verdientermaßen eines hohen Ansehens, wie der Beiname der Stadt Toledo beweist, die auch als „Jerusalem von Sepharad“ bezeichnet wurde. Barcelona, Gerona, Zaragoza, Tudela, Sevilla, Cordoba und Lucena waren andere Städte, deren Namen für immer mit der Geschichte der spanischen Juden verbunden blieben.

In diesen Städten lebten und arbeiteten Dichter, Denker, Talmudisten und Wissenschaftler, die durch ihr Werk die universelle Kultur ihrer Zeit bereicherten. Einige der berühmtesten jüdischen Dichter wie Judah Ha-levi, Samuel Ibn Nagrela, Salomon Ibn Gabirol und Moses Ibn Eszra entstammten dem spanischen Judentum und ebenso bedeutsame Philosophen wie Maimonides, Nachmanides und Crescas.

Nicht zu vergessen sind im Kontext der spanischen und europäischen Kultur die Beiträge spanischer Juden an der Übersetzerschule von Toledo und ihre wissenschaftlichen Leistungen in Astronomie, Kartographie, Medizin, Mathematik und anderen Gebieten.

Bemerkenswert war auch die Beraterrolle, die Juden bei Hofe, als Politiker, Finanziers und Gemeindeführer spielten. Viele Juden waren Minister an muslimischen und christlichen Höfen zu einer Zeit, zu der dies in anderen Ländern Europas nicht denkbar gewesen wäre. Die Führer der jüdischen Gemeinden schufen Gesetze und Richtlinien, die das Leben sephardischer Gemeinden auf der ganzen Welt bis zum heutigen Tage beeinflussen.

Die Vertreibung der Juden aus Spanien führte zur Verbreitung des judeo-spanischen Erbes bis in die entferntesten Ecken der Welt. Von den Spanien benachbarten Ländern aus wie Nordafrika, Frankreich, Italien und Portugal bis Nordeuropa (Amsterdam, Hamburg, London) und den Ländern des Mittelmeeres, allen voran dem Osmanischen Reich, verbreiteten die spanischen Juden ihre Religion und Sprache.

Saloniki, Konstantinopel, Belgrad, Sofia, Alexandria, Jerusalem und andere Zentren im östlichen Mittelmeer bildeten eine Art „Magna Sepharad“, wo sephardische Literatur entstand und sich verbreitete. Auf diese Weise haben die Nachfahren der spanischen Juden des Mittelalters im Mittelmeerraum und in Europa ihre Sprache, das Ladino, als Ausdruck ihrer spezifischen Kultur, zum einen jüdisch, zum anderen spanisch, erhalten. Auch wenn heute die enge Bindung an diese Sprache und Kultur geschwunden ist, bleibt ihre Lebensführung geprägt von ihrem spanischen Ursprung.

Es darf nicht unerwähnt bleiben, dass von 1943 – 1945 eine Vielzahl von sephardischen Juden in die Hände der nationalsozialistischen Gewaltverbrecher fiel, vor allem in Jugoslawien, Albanien und Griechenland. Mindestens 140.000 Sepharden fanden den Tod. Die Bevölkerung von Saloniki zum Beispiel bestand zu diesem Zeitpunkt überwiegend aus Juden. Der neue „Bestimmungsort“ hieß Auschwitz.

Mit der Staatsgründung Israels konnte die Mehrzahl der nordafrikanischen Juden, die in ihren Heimatländern durch zunehmenden islamischen Religionsfanatismus bedroht wurden, nach Israel auswandern. Die einst blühenden jüdischen Gemeinden in den Mittelmeerländern sind heute kleine Minderheiten. In alle Welt verstreut versuchen die einstigen Sepharden jedoch ihr Erbe, geprägt von den Ländern, in denen sie Jahrhunderte lang Exil fanden, zu bewahren.

Die 19. Jüdischen Kulturtage München fokussieren dieses Erbe. Zahlreiche Veranstaltungen wie das Eröffnungskonzert, ausgeführt von der Musikgruppe „Aman, Aman“ aus Valencia (19.11.) sowie der Auftritt der Gruppe „Los Desterrados“ aus London (20.11.) vermitteln einen Eindruck, wie heute sephardische Musik interpretiert wird. Sephardische Musik aus Nordafrika bringt die aus Tunesien stammende Sandra Bessis & Ensemble zum Erklingen (22.11.) Der Historiker Eli Bar-Chen (LMU München) wird in seinen Vorträgen über „Die Juden in der islamischen Welt“ (21.11.) und „Die Juden des Maghreb“ (Marokko, Tunesien, Algerien) (22.11.) ihre hier weniger bekannte Geschichte näher bringen.

Am 25.11. wird die sechsköpfige, israelische Musikgruppe „Eyal Sela & Darma“ ihr Münchner Debüt geben. Aschkenasische und sephardische Instrumentalisten bringen Musik zu Gehör, die von der Mystik des Berges Meron durchdrungen ist. Ihr Programm „Call of the Mountain“ hat bereits weltweit Festivalpublikum fasziniert.

Wer israelische Tänze lernen möchte, ist bei Matti Goldschmidt am 24.11. in der Seidlvilla an der richtigen Adresse. Klezmermelodien, die auf Jüdischen Kulturtagen in München nicht fehlen dürfen, präsentiert am 23.11. die niederländische Gruppe „Nikitov“, und am 27.11. ist das neue Programm des Duos Lerner & Moguilevsky „Klezmer en Buenos Aires“ zu hören.

Zwei Abende sind der Literatur gewidmet: Am 21.11. das literarisch-musikalische Programm „Rote Tropfen streut der Mohn“ nach Texten des österreichischen Lyrikers Theodor Kramer, dessen Gedichte in den 20er und 30er Jahren zu den meistgedruckten im deutschsprachigen Raum gehörten, und am 29.11. eine Lesung des kolumbianischen Schriftstellers José Guillermo Memo Ánjel aus seinem Roman „Das meschuggene Jahr“ (Spanisch/Deutsch) im Instituto Cervantes (Spanisches Kulturinstitut.

Zum Abschluss der 19. Jüdischen Kulturtage lädt „jourfixe-muenchen.de“ zu einem charismatischen Abend „Echos aus Sepharad“, unter anderem mit der in München bekannten und beliebten Sängerin Andrea Gianni, ein (28.11., Künstlerhaus am Lenbachplatz) ein.

In Zeiten sinkender Fördermaßnahmen ist die Gesellschaft zur Förderung jüdischer Kultur und Tradition e.V. froh, dem interessierten Publikum wieder ein so umfangreiches und qualitätvolles Festivalprogramm präsentieren zu können. Dies wurde ermöglicht durch die Unterstützung des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus, des Kulturreferats der LH München sowie der Niederländischen und Österreichischen Generalkonsulate.

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