20. Jüdische Kulturtage München

mit
Leitveranstaltungsreihe: „Geschichte der Juden in Bayern“
18.-29. November 2006

Sa 18.11. 19.30 Uhr
Gasteig, Carl-Orff-Saal
Joshua Nelson: The Prince of Kosher Gospel and Band
So 19.11. 16.30 Uhr
Gasteig, Vortragssaal der Bibliothek
Von der Hölle ins Paradies oder Chopin hat mich gerettet
Dokumentarfilm von Michael Teutsch
So 19.11. 18.00 Uhr
Gasteig, Vortragssaal der Bibliothek
Juden in Bayern
Dokumentarfilm von Richard Chaim Schneider
So 19.11. 19.00 Uhr
Gasteig, Black Box
Juden in Gesellschaft und Staat
Bayern im mitteleuropäischen Vergleich
Vortrag : Prof. Dr. Peter Pulzer,
Vorsitzender des Leo-Baeck-Instituts London
Mo 20.11. 19.30 Uhr
Gasteig, Black Box
Der letzte Zug / Theater Kuckucksheim
Figurentheater zum Thema Holocaust
Di 21.11. 19.00 Uhr
Gasteig, Kleiner Konzertsaal
Stadtjudentum, Landjudentum
Vortrag: Prof. Dr. Stefan Rohrbacher
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Abteilung für jüdische Studien
Mi 22.11. 19.00 Uhr
Gasteig, Black Box
Zeruya Shalev: Späte Familie
Autorenlesung mit Maria Schrader
Mi 22.11. 20.00 Uhr
Gasteig, Kleiner Konzertsaal
Música Antigua de Espagna
Sefardische Musik aus Al-Andalus
Do 23.11. 20.00 Uhr
Gasteig, Black Box
Klezmer Alliance
Europe’s Hottest Yiddish Music
Sa 25.11. 20.00 Uhr
Gasteig, Carl-Orff-Saal
Michael Heitzler’s Klezmer & Wedding Band
So 26.11. 15.30 Uhr
Gasteig, Black Box
Jüdisches Leben in Bayern im 20. Jahrhundert
Vortrag: Prof. Dr. Michael Brenner
Abteilung für jüdische Geschichte und Kultur am Historischen Seminar der LMU München
So 26.11. 16.30 Uhr
Gasteig, Black Box
Antisemitismus in Bayern im Nationalsozialismus
Vernichtung und Vertreibung 1933-1945
Vortrag: Dr. Edith Raim, Institut für Zeitgeschichte, München
So 26.11. 18.30 Uhr
Gasteig, Kleiner Konzertsaal
Georg Stefan Troller: Ihr Unvergesslichen
Autorenlesung
So 26.11. 18.00 Uhr
Gasteig, Black Box
Liberales und orthodoxes Judentum
Podiumsdiskussion mit
Landesrabbiner em. Dr. h.c. Henry G. Brandt, Augsburg
Rabbinerin Gesa Ederberg, Berlin/Weiden
Prof. Dr. Daniel Krochmalnik, Hochschule für jüdische Studien, Heidelberg
Rabbiner Steven Langnas, München
Moderation: Hans-Jakob Ginsburg, Düsseldorf
So 26.11. 20.00 Uhr
Gasteig, Black Box
Gibt es ein neues bayerisches Judentum?
Podiumsdiskussion mit
Dr. Josef Schuster, Präsident des Landesverbands der israelitischen Kultusgemeinden in Bayern
Prof. Dr. Michael Brenner, München
Lena Gorelik, Autorin, München
Dr. Rachel Salamander, Literaturhandlung München
Moderation: Werner Reuß, BR alpha
Di 28.11. 20.00 Uhr
Künstlerhaus/Allotria
Kein Applaus für Podmanitzki
Tragisch-komische Collage nach Ephraim Kishon
Eine Produktion von jourfixe.de für die 20. Jüdischen Kulturtage München
Mi 29.11. 19.30 Uhr
Seidlvilla
Das Bild des Juden in der modernen Malerei
Vortrag/Buchvorstellung von Dr. Claus Stephani mit Musik

Veranstalter:
Gesellschaft zur Förderung jüdischer Kultur und Tradition e.V., München
gefördert vom Bayerischen Staatsministerium für Unterricht und Kultus und dem Kulturreferat der LH München.

20. Jüdische Kulturtage München
Betrachtungen zum Jubiläumsjahr

Kaum zu glauben, die Jüdischen Kulturtage München werden Zwanzig. Für die Begründerin und Veranstalterin, die Gesellschaft zur Förderung jüdischer Kultur und Tradition, gilt es ein Doppeljubiläum zu feiern. Denn vor 25 Jahren wurde der Verein von Simon Snopkowski sel. A., dem langjährigen Präsidenten des Landesverbandes der Israelitischen Kultusgemeinden in Bayern, gegründet – zu einer Zeit, als jüdische Kultur in München und Bayern nach den Verheerungen des Holocaust öffentlich noch nicht wieder sichtbar war. Zwar fand sich die jüdische Bevölkerung in ihren bescheidenen Gemeindehäusern zu verschiedenen Veranstaltungen, meist mit dem Augenmerk auf den jungen jüdischen Staat Israel gerichtet, zusammen, aber man blieb ganz bewusst unter sich. Dies änderte sich allmählich in den 80er Jahren . Die Eröffnung des Gasteig-Kulturzentrums baute eine Brücke. Dort konnte die Gesellschaft zur Förderung jüdischer Kultur und Tradition die ersten Konzerte mit Klezmermusikern aus USA und jiddische Theaterabende einem breiten Publikum zugänglich machen, und siehe, das Interesse insbesondere der jüngeren Menschen übertraf alle Erwartungen. Es war das erklärte Ziel der Initiatorin der Jüdischen Kulturtage München, Ilse Ruth Snopkowski, nicht nur jüdische Kultur der zum damaligen Zeitpunkt diesbezüglich uninformierten Nachkriegsgeneration zu vermitteln sondern generell zum besseren Verständnis des Judentums beizutragen.

Künstler wie Giora Feidman, Frank London, Chava Alberstein, Michael Alpert, die die Gesellschaft zur Förderung jüdischer Kultur ebenso wie die Musikgruppen Kapelye, Klezmer Conservatory Band, Klezmatics oder Maxwell Street Klezmer Band erstmalig in München vorstellte, sind heute Musikfreunden Begriffe für Qualität. Durch ein breitgefächertes Programm gelang es, die Besucher der Jüdischen Kulturtage über jüdische Musik, jüdische Literatur und jüdische Geschichte in Konzerten, Vorträgen, Filmen und Ausstellungen zu informieren. Themenbezogene Kulturtage vermittelten Einblicke in die Kultur der Ostjuden aber auch der ehemals spanischen Juden, der Sephardim. Doch nicht nur die Vergangenheit sollen die Jüdischen Kulturtage aufzeigen, sie setzen sich auch mit der gegenwärtigen Situation, zum Beispiel der heutigen Lage des Judentums in unseren östlichen Nachbarländern, auseinander. Die Geschichte der Juden in der ehemaligen Sowjetunion und die aktuellen Probleme der Zuwanderung in Deutschland fokussierten die 17. Jüdischen Kulturtage. Das Wiederentstehen jüdischen Lebens in Bayern nach 1945 behandelte im Vorjahr eine vielbeachtete Ausstellung der Gesellschaft zur Förderung jüdischer Kultur und Tradition im Bayerischen Landtag.

Joshua Nelson, the Prince of Kosher Gospel Music, eröffnet die Jüdischen Kulturtage

Wenn man die Augen schließt, glaubt man, Mahalia Jackson zu hören, mit deren Stimme man die von Joshua Nelson vergleicht, seit dieser als 13-Jähriger all ihre Lieder sang. Am 18. November wird der 29-jährige, afroamerikanische Kantor aus New Jersey, der in Berlin schon vor Bundespräsident Horst Köhler zum 100-jährigen Bestehen der Synagoge an der Rykestraße sang und 1.000 Gäste mit seinen Jazz- und Gospelrythmen begeisterte, erstmals in München zu hören sein. Wenn Joshua Nelson nicht auf Konzerttourneen durch Amerika oder Europa oder Israel singt, lebt er in East Orange, einem Bezirk von Newark im Staate New Jersey. Dort ist er Lehrer für Hebräisch und Religion und bereitet junge Menschen auf Bar- und Batmitzwa vor. Ein gläubiger Jude, der koscher lebt, den Schabbat hält und Tefillin legt. Und der mit Gospels und Spirituals berühmt geworden ist.

Klezmermusik darf freilich nicht fehlen. Zwei Klezmerkonzerte stehen auf dem Programm der diesjährigen Jüdischen Kulturtage München. Klezmer Alliance, Europe’s Hottest Klezmer Music, ist am 23. November in der Black Box des Gasteigs zu hören. Das bekannte Kölner Trio hat sich mit drei Musikern aus Kishinev und London zusammengetan. Sie präsentieren ein Programm das feurig und leidenschaftlich, fußkitzelnd, witzig, absolut jiddisch, kultig einfach unvergesslich ist. Zuletzt bewiesen sie ihr Können auf dem KlezFest in London.

Am 25.11. serviert Michael Heitzler’s Klezmer & Wedding Band ein weiteres Programm vom Feinsten. Heitzler ist vor allem als Klarinettist der Gruppe Kol Simcha bekannt geworden, mit der er u.a. auch die Filmmusiken zu Jenseits der Stille und Gripsholm einspielte. Er hat 10 Jahre in Brooklyn gelebt, wo er mit fast allen Größen der dortigen Szene aufgetreten ist, u.a. mit den Klezmatics und Itzchak Perlman, Uri Caine und Michael Alpert. Nun hat er mit drei hervorragenden jungen Musikern seine eigene Band formiert, um die traditionelle Klezmermusik in der Form zu spielen, in der sie gedacht war: zum Tanzen, Mitreißen und Mitfühlen.

Originalgetreue Klänge aus dem goldenen Zeitalter Sefarads in Andalusien lässt am 23.11. die spanische Gruppe Música antigua de España auf nach historischen Vorlagen nachgebauten Instrumenten erklingen. Sie lädt zu einer klangvollen Reise durch das Leben des Gelehrten Maimonides mit Texten großer spanisch-jüdischer Dichter und Melodien der damaligen Zeit, die durch jüdische, christliche und muslimische Einflüsse geprägt sind.

Das Figurentheater Kuckucksheim (20.11. Black Box) beleuchtet in seiner Inszenierung „Der letzte Zug“ die Geschichte der fränkischen Familie Goldberger, zwischen 1929 und 1945. Der Begründer und Leiter des Figurentheaters, Stefan Kügel, wurde mit vielen Auszeichnungen, so dem Stern des Jahres der Nürnberger Abendzeitung und dem ersten Preis für Kindertheater auf den bayerischen Theatertagen Nürnberg bedacht.

Mit einem weiteren Holocaust-Schicksal befasst sich der Dokumentarfilm: „Von der Hölle ins Paradies oder Chopin hat mich gerettet“. Er schildert die ergreifende Lebensgeschichte der Pianistin Aliza Sommer, die dank ihrer Kunst Theresienstadt überlebte und heute 102-jährig in London wohnt.

Die Jüdischen Kulturtage bieten darüber hinaus Gelegenheit zur Begegnung mit herausragenden Autoren, wie der israelischen Schriftstellerin Zeruya Shalev (22.11.) und Stefan Georg Troller. Der bekannte Münchner Journalist Claus Stephani stellt sein neu erschienenes Buch „Das Bild des Juden in der Malerei“ am 29.11. in der Seidlvilla vor. jourfixe-münchen.de erinnert mit „Kein Applaus für Podmanitzki“ einer tragisch-komischen Collage nach der gleichnamiger Satiren-Sammlung von Ephraim Kishon an den Erfolgsautor (28.11. Künstlerhaus).

Geschichte der Juden in Bayern
Eine Leitveranstaltung der 20. Jüdischen Kulturtage München

Im 20. Jahr der Jüdischen Kulturtage in München interessiert so manchen der in Bayern seit zwei Generationen lebenden Juden, aber auch Nichtjuden, die Geschichte der Juden in Bayern. In welchen Regionen gab es vor dem Holocaust jüdische Gemeinden, was waren ihre Traditionen, welchen Beitrag leisteten sie zur Geschichte Bayerns, wie wurden sie von ihrer Umgebung toleriert und akzeptiert? Gibt es heute ein neues bayerisches Judentum, welchen Wandel im Gemeindeleben haben die Einwanderer aus den GUS-Staaten bewirkt, wie steht es um das orthodoxe Judentum und wo positionieren sich liberale Strömungen? All diese Fragen und viele mehr werden in der Leitveranstaltungsreihe der 20. Jüdischen Kulturtage München „Geschichte der Juden in Bayern“ erörtert. Und da es nicht nur ein Anliegen der Gesellschaft zur Förderung jüdischer Kultur und Tradition ist, diese Themen zu behandeln, sondern auch der Bayerischen Landeszentrale für politische Bildungsarbeit und des Lehrstuhls für jüdische Geschichte, haben sich drei Kooperationspartner zusammengeschlossen, um ein umfassendes und spannungsreiches Programm einem hoffentlich großen Kreis von Interessierten anzubieten.

Ilse Ruth Snopkowski
Vorsitzende

Zur Werkzeugleiste springen